War der eigene Großvater ein Nazi? War er gar in der SS? Hat er sich während des 2. Weltkriegs an Kriegsverbrechen beteiligt? Diese Frage treibt viele Nachgeborene um, in den Familien ist dieses Kapitel der Familiengeschichte aber allzu häufig totgeschwiegen worden. Das evangelische Magazin Chrismon hat jetzt im Netz eine kluge Anleitung hinterlegt, wie man der eigenen Familiengeschichte und der der eigenen Großeltern in der Nazizeit nachspüren kann. Das Wichtigste vorweg: Netz- und Archivrecherchen stehen dabei nicht im Vordergrund.
Der erste Tipp ist: Das Familienwissen ausschöpfen. Das kann heißen, auf die Pirsch zu gehen nach alten Fotos, Briefen, aber auch Aktenordnern oder alten Ausweisen. Vor allem aber sollte man mit den älteren Familienangehörigen sprechen:
„Dazu jeden, wirklich jeden der letzten noch lebenden alten Verwandten befragen, auch die, mit denen man noch nie Kontakt hatte oder nicht mehr. Fast immer haben sie wertvolle Hinweise beizusteuern. Und so viele Zeitzeugen gibt es ja heute nicht mehr“.
Von Interesse sind insbesondere alte Kennkarten, ein Wehrpass oder auch der sogenannte Ariernachweis, der häufig die Familiengeschichte über viele Generationen dokumentiert.
Die Autorin gibt auch Tipps, wie man „heikle“ Gespräche mit alten Verwandten führen kann.
Der nächste Tipp ist: Alles aufschreiben, sprich: ein Rechercheprotokoll herstellen. Erst wann man auf diese Weise eigene Daten gesammelt hat, kann man sehr gezielt auch in offiziellen Datensammlungen recherchieren.
Ein Problem ist häufig, dass Handgeschriebenes in Sütterlin, also der alten Handschrift, verfasst worden ist. Hier kann man sich wiederum an ältere Bekannte oder Verwandte wenden, die beim „Übersetzen“ helfen können. Es gibt aber auch elf „Sütterlinstuben“ in Deutschland, die bei der Übertragung helfen können (gegen Spende).
Der Dritte Tipp ist: Bücher lesen. Man sollte sich selbst schlau machen über die Epoche und sich mit den historischen Kerndaten auskennen, um Angaben einordnen und nachvollziehen zu können.
Archive sind der letzte Schritt
Erst im nächsten Schritt dann kann man sich an die Archive wenden. Anlaufstationen sind hier zum Beispiel das Bundesarchiv in Koblenz oder die Gedenkstätte Topographie des Terrors. Wer sich mit Archivrecherchen gar nicht auskennt, kann sich hierfür auch an Historiker/innen wenden, die sich auf solche Untersuchungen spezialisiert haben. Das Bundesarchiv hält auch eine Liste von Recherchediensten vor, gegliedert nach den Standorten des Bundesarchivs.
Wer noch mehr wissen möchte: Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme bietet halbjährlich ein Rechercheseminar an.
Hier ist der ganze Artikel zum Thema zu finden:
Chrismon: „Was machte Großvater in der Nazizeit?“