Heute stimmt das Europäische Parlament über eine neue Regelung des Urheberrechts, genauer: die europaweite Einführung des sog. Leistungsschutzrechts. Danach sollen Internetplattformen wie Google News künftig Lizenzgebühren zahlen, wenn sie kleine Textausschnitte, die Teaser, als sog. Snippets in ihre Suchergebnislisten aufnehmen.
Die deutschen Zeitungsverleger machen für diese Regelung in großformatigen Anzeigen in Blättern seit Wochen Stimmung. Dass sie sich gegenseitig diese Anzeigen vermutlich nicht in Rechnung stellen und damit ihre Medienmarktmacht sehr einseitig ausnutzen – geschenkt. Aber auch nicht gerade subtil geht die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vor: Allein in der gestrigen Ausgabe fanden sich gleich drei Beiträge, die sich mit diesem, den normalen Leser wohl eher peripher interessierenden, Thema auseinandersetzten. Gleich auf der ersten Seite des Blattes darf prominent Medienredakteur Michael Hanfeld unter der großspurigen Überschrift „Um alles oder nichts“ das Katastrophenbild an die Wand malen, dass „Urheber ruiniert“ würden und „Google, Facebook und andere die Debatte über ihre Rolle in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf null gedreht“ hätten. Auch das zweite Buch dieser Zeitung, das Feuilleton, macht unter der Überschrift „Woher der Hass auf geistiges Eigentum?“ mit insinuativen Fragen und suggestiven Formulierungen („kannibalistische Logik“) einseitig Stimmung für die Verleger. Und im Wirtschaftsteil desselben Blattes wird unter der Überschrift „Das Ende der Kreativbranche oder des Internets?“ dreispaltig wiederum vor allem die Sicht der Verlage und ihrer Verleger auf das nämliche Thema dargestellt. Und als ob das nicht reichen würde und nicht auch der dämlichste Leser mittlerweile den Standpunkt der FAZ zum Thema hinreichend verstanden hätte, wird auch in der heutigen Ausgabe unter der Überschrift „Was spricht für das Leistungsschutzrecht – was spricht dagegen?“ vor allem die Verlegersicht auf die Dinge dargestellt.
Unter dem Aspekt der Presse- und Meinungsfreiheit geht diese publizistische Breitseite natürlich in Ordnung. Redakteure dürfen in vorauseilendem Gehorsam ihren Verlegern nach dem Mund reden, und diese dürfen ihre Meinung natürlich auch zigmal hintereinander in ein und dasselbe Blatt setzen. Unter journalistischen Grundsätzen sieht das aber schon anders aus: Denn mit objektiver Information der LeserInnen hat das Vorgehen der FAZ nicht mehr viel zu tun. Hier wird Kampagnenjournalismus gemacht, den man sonst nur von einem großen Boulevardblatt kennt.
Lohnt sich dieser publizistische Aufwand überhaupt? Dieses von den Verlegern so gewünschte Leistungsschutzrecht gibt es in Deutschland schon seit Jahren und es hat sich als zahnloser Tiger erwiesen. Denn wer darauf pocht, wird eben von Google & Co. ausgemustert und entsprechend im Netz gar nicht mehr gefunden. Google andererseits hat seinen News-Dienst in diesem Frühjahr umgebaut und bietet seitdem keine Teasertexte mehr an. Nun gibt es bei der Nachrichtensuche nur noch eine Überschrift und ein Teaserbild: Die Funktionalität und damit die Nutzerfreundlichkeit des Dienstes wurden damit nicht erhöht.