Journalisten lieben Wikileaks. Eigentlich. Denn die Enthüllungsplattform Wikileaks hat in den vergangenen Jahren schon für einige echte „Scoops“ gesorgt: Die Afghan War Diarys und der Iraq War Logs waren öffentlichkeitswirksame Knüller, die ihre Wirkung auf die internationale Politik nicht verfehlt haben.
Aktuell hat Wikileaks die Email-Datenbank des US Democratic National Committee, also der Demokratischen Partei, veröffentlicht. Daraus soll hervorgehen, dass die Parteispitze im parteiinternen Wahlkampf einseitig Hilary Clinton gegenüber ihrem Konkurrenten Bernie Sanders bevorzugt haben soll. Die Parteichefin ist bereits zurückgetreten. Auch in diesem Fall stürzt sich die deutsche Presse begierig auf die Enthüllungen.
Es gibt allerdings Gründe, warum Journalisten in diesem Fall zurückhaltender sein sollten, was die Veröffentlichung dieses „Leaks“ angeht. Denn unter diesen Emails sind viele Mails, die Journalistenanfragen an die Demokratische Partei enthalten, etwa von RedakteurInnen der Washington Post oder des populären Politblogs Politico. Und auch die entsprechenden Email-Antworten sind zum Teil in der Datenbank recherchierbar. Das dies einen fundamentalen Eingriff in die Pressefreiheit darstellt, liegt auf der Hand.
Die Kommunikation zwischen JournalistInnen und ihren Quellen zählt definitiv zu den schützenswerten Bereichen dieses Rechtsgutes. Niemand hat mitzulesen, was JournalistInnen von ihren InformantInnen wissen wollen, und genauso wenig hat jemand Einsicht zu erhalten, was die InformantInnen zu erzählen haben. Quellenschutz heißt das. Und gegen den verstößt Wikileaks mit den neuesten Enthüllungen massiv.
Bislang war das, auch medienethische, Credo der Enthüllungsplattform Wikileaks, die Öffentlichkeit mit wesentlichen relevanten Informationen zu versorgen, die sonst unter Verschluss geblieben wären, und genau dadurch zur Informations-, Presse- und Meinungsfreiheit beizutragen.
Im aktuellen Fall der DNC-Emails verstößt Wikileaks gegen die Presse- und Meinungsfreiheit und schränkt die freie Berichterstattung ein. Hier hätten unbedingt die entsprechenden Emails herausgefiltert werden müssen. Ein Scoop ist Wikileaks auch mit dieser Enthüllung gelungen. Aber auf Kosten der Pressefreiheit.